„Funktionales Training“ – oder der Kampf zwischen spezifischem und unspezifischem Training

„Funktionales Training“ ist für mich das Unwort des Jahrhunderts, zumindest im sportlichen Bereich. Es gibt kein schlimmeres Totschlagargument, als dass etwas oder eine Übung „funktional“ sei. Das ist das Allheilmittel. Was bedeutet denn aber „funktional“ genau? So richtig haben sich die wenigsten über die Bedeutung dieses Wort Gedanken gemacht, möchte ich wetten. Ist ja auch egal, Hauptsache es zieht bei den Kunden.

Disclaimer: Dieser Blog soll Dich über Trainingsthemen und Herangehensweisen informieren und Dir stichpunktartig Anhaltspunkte geben, worauf Du achten solltest.
Diese Hinweise ersetzen keine professionelle, auf die individuellen Bedürfnisse und Gegebenheiten abgestimmte, Betreuung. Wende Dich an Fachpersonal um Überlastungen und Verletzungen zu vermeiden!

„Funktional“ ist mehr als nur die Bewegung nachzuahmen

Mal schnell dem Wortstamm entnommen, bedeutet „funktional“, dass etwas einen bestimmten Zweck (oder eine bestimmte Funktion) besonders gut erfüllt, im sportlichen Kontext, dass es eine besondere Funktion besonders trainiert wird. Dies wird leider erfolgreich auf die Bewegungsausführung und Ähnlichkeit, meist zu einer Alltagsbewegung, reduziert. Als Werbung ist dies absolut clever ausgenutzt, weil es so sichtbar und damit für jeden verständlich ist und die Empfänglichkeit für „mein“ Angebot erhöht. Dies ist leider zu kurz und auch noch völlig falsch gedacht!

Das als „Funktionales Training“ vermarktete Training ist von Haus aus das unfunktionalste Training überhaupt! Die Nähe zur Zielbewegung macht es eben genau zu einer Mischbelastung, das alle Systeme ein bisschen und kein System so richtig trainiert!

Das entspricht im Ausdauersport der Methode: Ich laufe jeden Tag 10km – dieselbe Strecke – in demselben Tempo. Genau das ist das, was unsere Leistung stagnieren lässt und eben NICHT langfristig zum Ziel führt.

Eine Frage der Zielstellung

Die räumliche Orientierung von Körperteilen ist das Ergebnis der Zusammenarbeit und Ineinandergreifen verschiedener, man könnte sagen „Funktions-“, Systeme, die alle einen Anteil an einer bestimmten (Bewegungs-)Leistung haben.

Möchte man also „Funktionales Training“ durchführen, muss man erstmal definieren, wofür ich dieses Training durchführe! Grob eingeordnet und ohne Anspruch auf Vollständigkeit haben folgende „Systeme“ Einfluss auf meine Leistung, die im Detail noch weiter aufgeschlüsselt werden könnten:

  • das Bewegungsgefühl, gemeinhin als „Technik“ bezeichnet, die Fähigkeit Bewegungen stabil (wiederholend identisch) und zielgerichtet (z.B. muskulär effizient) auf mein anvisiertes Leistungsziel (schneller, stärker, …) durchzuführen
  • die Muskulatur, als Organsystem, das die Kraftentfaltung bewerkstelligt
  • mein Zentrales Nervensystem, das die Bewegung zeitlich und sachlich (wann und wie stark) steuert
  • mein Herz-Kreislauf-System, das die Energieversorgung übernimmt

Für jedes Ziel gibt es bestimmte Trainingsformen, die diese Fähigkeiten besonders gut trainieren, weshalb ambitionierte Sportler genau das tun: Sie definieren für jede Trainingseinheit ein Trainingsziel und wählen dementsprechend die Trainingsinhalte aus. Im nächsten Schritt wird dann diese Verbesserung eines Systems/einer Funktion auf die Zielbewegung transferiert. Für die Optimierung auch dieses Prozesses gibt es bereits Empfehlungen.

Wenn die Teilung der Trainingsinhalte nötig ist, um Spitzenleistung zu erbringen, wie kann dann „funktionales Training“ der derzeit gültigen Trainingsplanung überlegen sein? Wenn es so einfach wäre das eigene Leistungsniveau zu steigern, wären wir alle Weltmeister. Man kann nicht erwarten, dass einmal die Woche „functional training“ dieselben Effekte haben kann, wie ein gezieltes Training.

Also liebe Hausfrauen und –männer, überlegt euch, was ihr verbessern möchtet und trainiert richtig, oder lasst es sein, anstatt eure Zeit mit Beschäftigungstherapie zu verschwenden! Oder seht ihr das anders? Lass uns deine Meinung wissen und teile deine Perspektive zu dem Thema!

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*