Wie schon in der Übersicht geschildert, scheint eine bundesweite Allergie gegen Kraft- und Langhanteltraining zu herrschen. Dabei sprechen viele Gründe dafür, ein gezieltes Krafttraining durchzuführen. Die wichtigsten möchte ich euch in diesem Beitrag beschreiben, daneben gibt es noch viele weitere, die nicht weniger wichtig, aber vielleicht nicht so… greifbar… sind.
Wenn das nicht reicht, Dich zu überzeugen, weiß ich auch nicht weiter:
Disclaimer: Dieser Blog soll Dich über Trainingsthemen und Herangehensweisen informieren und Dir stichpunktartig Anhaltspunkte geben, worauf Du achten solltest.
Diese Hinweise ersetzen keine professionelle, auf die individuellen Bedürfnisse und Gegebenheiten abgestimmte, Betreuung. Wende Dich an Fachpersonal um Überlastungen und Verletzungen zu vermeiden!
- Stärkung aller Strukturen
- Verletzungsprävention
- Maximalkraftverbesserung und Koordination
- Lebensqualität und Lebensdauer
- Leistungsfähige Beweglichkeit
- Stoffwechselverbesserung
Stärkung aller Strukturen
Alle Strukturen im Körper passen sich an, wenn sie ausreichend belastet werden (sog. Prinzip des „trainingswirksamen Reizes“). Das bedeutet, dass Ausdauertraining zu Anpassungen des Herz-Kreislauf-System führt, die Energiebereitstellung verbessert, usw.
Beim Krafttraining trainieren wir vor Allem die mechanischen Strukturen. Offensichtlich trainieren wir die Muskulatur, deren Kraft die Gelenke bewegt. Ist der Reiz auf die Muskulatur ausreichend hoch (Intensität -> Kraft) und/oder das Energieniveau im Muskel sinkt und der Organismus verbessert die Energieversorgung und Erholungsfähigkeit (Umfang -> Ausdauer). Da Intensität und Umfang gegenläufig voneinander abhängen, gibt es einen Bereich, in dem beide Parameter ausreichend hoch sind, sodass Muskelfasern zum Teil zerstört und infolgedessen stärker wieder aufgebaut werden. Das ist das Prinzip des Muskelwachstums (Hypertrophie).
„Aber ich will nicht aussehen, wie Arnold!“
Ich weiß garnicht, wie oft ich das gehört habe. Natürlich sorgt Krafttraining für eine gewisse Körperformung und vielleicht auch zu etwas Muskelwachstum. Das passiert aber nur, wenn man es auch wirklich will.
Viel wichtiger ist, dass diese höhere Kraft auch andere Strukturen mechanisch so stark belastet, dass diese „hypertrophieren“. Diese Belastung führt zu Wachstumsreizen in Sehnen, Bändern, Gelenkkapseln und nicht zuletzt Knochen. Je stärker die jeweilige Struktur durchblutet / versorgt werden kann, desto schneller passt sie sich an. Dabei kann sich daran orientieren, wie schnell Verletzungen heilen.
- Muskulatur ist stark durchblutet, weshalb die Heilung und Anpassung nur Tage / Wochen dauert. Eine Zerrung ist nach einer Woche abgeheilt, ein Faserriss nach 4-8 Wochen.
- Sehnen, Bänder, Kapseln, Faszien und andere kollagene Strukturen sind insbesondere abhängig von regelmäßiger Belastung und Dehnung und passen sich im Verlauf von Monaten an.
- Knochen wiederum brauchen Jahre um sich anzupassen, weshalb der richtige Aufbau entscheidend ist
Diese Faktoren sorgen dafür, dass deine Verletzungsanfälligkeit sinkt. Die stärkeren Strukturen verletzen sich selten und wenn, dann ist die Auswirkung geringer. D.h. die Verletzungswahrscheinlichkeit und etwaige Schwere sinken. Der Körper ist darauf ausgelegt, möglichst energiesparend zu agieren.
„Ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss“
Alle Strukturen und Systeme, die nicht benötigt werden, werden abgebaut und dadurch „schwächer“, dem geht es entgegen zu steuern. Andersherum werden die Strukturen aufgebaut, wenn man sie regelmäßig und langfristig trainiert. Gut trainierte Kraftsportler haben beispielsweise eine bis zu 60% dichtere Knochenstruktur und infolgedessen eine höhere Belastungbarkeit, die zu weniger Knochenbrüchen führt!
Maximalkraftverbesserung und Koordination
Richtig aufgebautes Krafttraining, das langfristig angelegt ist, trainiert deine Maximalkraft, ohne besonders das Muskelwachstum zu provozieren. Alleine die Koordinations– und Balanceverbesserung bewirken eine höhere Maximalkraft. Dabei reden wir von 20-30% Kraftsteigerung in 4 Wochen (Breitensportler, 2-3x Krafttraining pro Woche). Je nach Trainingsalter und Leistungsstand ist dies natürlich nicht so möglich.
Diese Anpassung läuft vor allem über die verbesserte Ansteuerung der Muskulatur durch das Zentrale Nervensystem (ZNS), die sog. intramuskuläre Koordination (IK). Um dort hinzukommen, müssen wir mit höheren Gewichtigen trainieren und uns daran technisch und konditionell gewöhnen (siehe Stärkung der Strukturen), da hohe mechanische Belastungen logischerweise starke Strukturen benötigen.
„Ohne Kraft keine Bewegung.“
Studien zeigen die Bedeutung der Maximalkraft. Nicht nur, dass technisch sauber ausgeführte Übungen die Haltung stabilisieren und damit die Wirbelsäule und Bandscheiben schützen (=> Verletzungsprophylaxe), sondern die Kraft für die Lebensqualität entscheidend ist, weil es die individuelle Mobilität und Freiheit, zu tun, was man möchte, ermöglicht!
Skandinavische Wissenschaftler haben untersucht, wie die Mobilität unter mangelnder Fitness leidet: 60% der über 80-jährigen konnten die Treppenstufen öffentlicher Verkehrsmittel nicht überwinden, weitere Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen Kraftniveau und Gangsicherheit, sowie Gehgeschwindigkeit. Zudem zeigt eine Studie aus 2017 eine erhöhte kardiovaskuläre Sterblichkeit bei mangelder Griffkraft, die Ausdruck für einen passiven Lebensstil ist und eine US-amerikanische Forschergruppe zufolge sind bei über 70-jährigen 28% der männlichen und 66% der weiblichen Probanden nicht in der Lage 4,5kg schwere Gewichte zu heben. Das ist entspricht einem Schulranzen oder einem Rucksack mit Laptop und einer Wasserflasche.
Leistungsfähige Beweglichkeit
Gottlob (2013) benutzt diesen Ausdruck, der es auf den Punkt bringt. Entgegen der Meinung, dass Krafttraining unbeweglich mache, ist genau das Gegenteil der Fall.
„Nicht der Muskel wird kürzer, die Strukturen werden steifer.“
Die zwei Parameter Kraft und Dehnung sind entscheidend für die Erhaltung der Muskulatur und passiver Strukturen. Die regelmäßige Dehnung und Streckung der Strukturen, insbesondere der kollagenen Strukturen, sorgt für die Hydrierung und damit für die Flexibilität und Versorgung mit Nährstoffen. Werden Sehnen, Bänder, Faszien & Co nicht gestreckt, verlieren sie ihre Flexibilität und werden steif. Ebenso gewöhnt sich der Muskel an dauerhaft gehaltene verkürzte Position, z.B. den Hüftbeuger und Kniebeuger im Sitzen, sodass bei Abweichung der normalen Länge die im Muskel vorhandenen Sensoren ein Warnsignal geben und der weiteren Dehnung entgegenarbeiten. Diese Gewöhnung muss vermieden werden oder rückgängig gemacht werden, wenn Defizite in der Beweglichkeit bestehen (Beweglichkeitstraining, „Dehnen“).
Beim Krafttraining arbeiten wir bei jeder Wiederholung über die gesamte „Range of Motion“ (Bewegungsamplitude) und gehen bis zu dem Punkt, an dem die Dehnung wirksam wird. Üben wir diesen Reiz regelmäßig aus, wird die Beweglichkeit langfristig besser oder vermeiden den Verlust der Beweglichkeit. Zusätzlich achten wir darauf, die Haltung zu bewahren und provozieren dadurch die Dehnung, was mit Zusatzgewicht den Dehnungsreiz sogar noch verbessert
Der beste Beweglichkeitsreiz ist, in der Dehnung zusätzlich den Muskel zu aktivieren.
Durch Erhaltung der Beweglichkeit reduzieren wir die Spannung in der Muskulatur dauerhaft und vermeiden Verspannungen in Nacken-, Rücken-, Schulter- und Gesäßmuskulatur, die zudem auch Druck auf in der Nähe verlaufende Nerven drücken und zu Misempfindungen und Schmerzen führen kann
Verbesserung der Stoffwechsellage
Die intensive Belastung, und damit schnelle Energiebereitstellung, führt zu einem hohen Verbrauch an Kohlenhydraten. Die Muskelarbeit verbraucht den Blutzucker und das Muskelglykogen, sodass der Kohlenhydratstoffwechsel entlastet wird. Der verbrauchte Blutzucker kann nicht als Fett gespeichert werden, die leeren Muskelglykogenspeicher müssen wieder aufgefüllt werden. Damit beugen wir Übergewicht vor und nehmen beispielsweise Krebszellen ihre Nahrung weg. Krebszellen lieben Zucker, weil sie auf den anaeroben Stoffwechsel angewiesen sind, ebenso Pilze, die durch Mangel an Kohlenhydraten ausgehungert werden können.
Dies bedeutet aber nicht, dass jetzt wieder Kohlenhydratmast stattfinden muss. Wer insbesondere (Fett) abnehmen möchte, kann auch mit weniger gefüllten Kohlenhydratspeichern Krafttraining machen. Der Mangel an Kohlenhydraten führt zu einem Zwang mehr Fett zu verbrennen, sodass der Körper infolgedessen mehr Enzyme produziert, um mehr Fettverbrennen zu können. Langfristig reduziert dies den Bedarf an Kohlenhydraten und lindert damit auch das Verlangen des Körpers nach Kohlenhydraten. Der Blutzuckerspiegel bleibt stabiler und Heißhungerattacken bleiben aus!
Achtung! Der Körper braucht bei einem Kohlenhydratmangel 4 Wochen um das Defizit durch Steigerung der Fettverbrennung auszugleichen. Ändere deine Ernährung nicht radikal, sondern reduziere nach und nach die Kohlenhydratzufuhr, z.B. einen Abend oder einen Morgen in der Woche. Später kannst Du häufiger die Kohlenhydrate reduzieren oder sogar weglassen.
Und viele mehr…
Daneben gibt es noch weitere körperliche Veränderungen, besser aussehen, straffere Haut, und so weiter.
Du hast immernoch Zweifel am Krafttraining? Was willst Du wissen? Schreib mir in den Kommentaren, was Dich interessiert!
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